Kolonistenkirche Sietzing
Die kleine Fachwerkkirche von Sietzing liegt in der Mitte des Ortes. Die Kirche war lange baufällig, hatte Risse, durch die man nach draußen sehen konnte. Es gründete sich 2015 ein Förderverein, der in nur fünf Jahren Gelder sammelte, um die Kirche 2020 grundlegend zu sanieren und durch regelmäßige Veranstaltungen heute wieder zu einem Ort der Begegnung macht.
Kolonistenkirche Sietzing
Sietzinger Dorfstraße 39
15324 Letschin
Kultur & Gastro
Kolonistenkirche Sietzing
Ein besonderer Ort der Begegnung
Die Kolonistenkirche Sietzing liegt wenige Kilometer südöstlich der Stadt Wriezen und gehört heute zur Gemeinde Letschin.
Der Ort Sietzing wurde 1756 im Auftrag des Markgrafen Karl Friedrich Albrecht („Carl“) von Brandenburg-Schwedt als Kolonistendorf gegründet. Markgraf Carl hatte von seinem Vater Albrecht Friedrich das Domänengut in Altfriedland geerbt, das aus dem umfangreichen Besitz des nach der Reformation säkularisierten Klosters Friedland hervorgegangen war. Im Bereich des Oderbruches ließ er mehrere neue Dörfer anlegen – darunter das nach ihm selbst benannte Carlsfeld, das später den Namen Sietzing bekam. Ab 1881 verfügte der Ort mit heute etwa 180 Einwohnern sogar über einen eigenen Bahnhof an der Strecke von Wriezen nach Seelow, an dem jedoch seit 1999 keine Züge mehr halten.
Eine Kirche erhielt Sietzing erst fünf Jahrzehnte nach seiner Gründung. Bis dahin gab es hier nur eine „Stube zum Gottesdienst“. 1803 schließlich bauten sich die Kolonisten ein schlichtes Bethaus in Fachwerkkonstruktion, das wiederum erst 1883 den heute noch vorhandenen Turm erhielt, der ebenfalls aus Fachwerk bestand. Die Innenräume der Kirche sind bis zum heutigen Tage eher schlicht und zweckmäßig gestaltet. Hier befindet sich ein einfacher Kanzelaltar und eine hölzerne Taufe. An der Orgelempore erinnerte eine Gedenktafel an den Staatsminister Heinrich Graf von Itzenplitz (1799 bis 1883), der nach dem Erlöschen der teilsouveränen Markgrafenlinie von Brandenburg-Schwedt als Gutsherr in Kunersdorf auch Patron der Sietzinger Kirche war. Auf anderen Tafeln stehen die Namen der Sietzinger, die in den Kriegen von 1870/71 und 1914-18 gefallen sind. Hinter dem Altar war seit den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts bis zur Renovierung der Kirche eine Winterkirche durch eine Glaswand abgetrennt, in der vierteljährlich ein Gottestdienst stattfand.
Schulterschluss von Förderverein und Kirchengemeinde
Obwohl die Kirche im 2. Weltkrieg erhalten blieb, verkam die Kirche im Laufe der Jahre und durch Feuchtigkeit verursachte Schäden am Turm und am Balkenwerk waren schliesslich nicht mehr zu übersehen. Jedoch fehlten den Sietzingern lange Zeit die nötigen finziellen Mittel zur Umsetzung einer umfassenden Sanierung. Um die Kirchengemeinde bei ihrem Engagement zum Erhalt des Gotteshauses zu unterstützen, gründete sich im Januar 2015 der Freundeskreis “Fachwerkkirche Sietzing e.V.”. Laut Satzung hat sich der Verein zum Ziel gesetzt, die „Erhaltung der Fachwerkkirche Sietzing nach denkmalpflegerischen Gesichtspunkten zu fördern und zu begleiten. Die Kirche soll ein Ort der Begegnung und der Kommunikation in der Region sein“.
Interview mit der Ortsvorsteherin Ines Zochert-Köhn und dem Vereinsmitglied Karl-Heinz Sommerfeld
Freundeskreis Fachwerkkirche Sietzing e.V.
Durch den Einsatz von Verein und der Kirchgemeinde gelang es schließlich, innerhalb des kurzen Zeitraums von nur 5 Jahren die nötigen Fördermittel für die Sanierung zu akquirieren und alle baulichen Maßnahmen umzusetzen. Zur Sanierung des unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes wurden zahlreiche historische Materialien wie Holznägel und -Zapfen verwendet. Das Dach wurde mit neuen Biberschwänzen gedeckt. Der marode, alte Glockenstuhl wurde abgenommen und erneuert und auch die Fenster, das historische Gestühl der Kirche und Böden wurden aufgearbeitet.
“Die Kirche ist ein Symbol dafür, was Alteingesessene und Zugezogene gemeinsam bewegen können.”
- Ines Zochert-Köhn
Als Radwegekirche ist das mit dem Kulturerbesiegel ausgewiesene Gebäude bereits vor den Bauarbeiten Anlaufpunkt für Touristen gewesen. Als architektonisches Kleinod bietet die Kirche heute ein breites Spektrum an Veranstaltungen. Neben Gottesdiensten finden hier Konzerte, Lesungen, Ausstellungen, Theaterstücke und eine Vielzahl von Veranstaltungen statt, die von der Kirchengemeinde und dem Verein regelmässig organisiert werden. Die Sommerfeste im Dorf beginnen beispielsweise jeweils mit einem Gottesdienst in der Kirche, es gibt eine Pflanzenbörse, die im Rahmen der Reihe „Offene Gärten im Oderbruch“ nahe der Sietzinger Kirche stattfindet. Seit mehreren Jahren findet am Abend des Gründonnerstags ein Kreuzweg statt, an dem sich sieben Kirchengemeinden der Region beteiligen und bei dem in jeder Kirche eine kurze Andacht stattfindet. Seit 2022 findet nun auch die “Pfaffentour” statt, eine geführte Fahrradexkursion, bei der die Geschichte des Oderbruchs, seine Landschaft und drei besondere Kulturerbeorte erlebbar werden. Neben Führungen durch die Denkmäler werden heimische Kräuter am Wegesrand gesammelt und Tiere beobachtet. Zum Abschluß der Tour gibt es ein besonderes regionales Festmahl mit musikalischer Umrahmung.
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